Trail Schwierigkeitsgrade

Trail Schwierigkeitsgrade

Die STS und Farbmarkierungen erklärt

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Distanz und Höhenmeter sind nicht die einzigen wichtigen Faktoren bei der Tourenplanung. Man sollte auch wissen, welche fahrtechnischen Schwierigkeiten einen erwarten. Dabei helfen verschiedene Farb-Codierungen und die Singletrail-Skala. Wir erklären, wo man diese Informationen findet und was sie bedeuten.

Wer hat das nicht schonmal erlebt? Du hast die Biketour gewissenhaft geplant oder von Freunden empfohlen bekommen. Kilometer, Höhenmeter, alles scheint zu deinen Ansprüchen passen. Du bist unterwegs. Und dann wird das Gelände plötzlich immer grober, der Trail immer steiler oder verblockter. Klar, das Bike tragen geht fast immer, aber wer will das schon? Zumal, wenn unwegsame Abschnitte kein Ende nehmen wollen. Außerdem können ausgesetzte Passagen im Gebirge mit geschultertem Bike durchaus gefährlich werden. Eine Klassifizierung von Trails und Touren soll helfen, dieses Szenario zu vermeiden.

Flowtrails wie dieser machen am meisten Spaß.

Touren-Klassifizierung mit Farben

Viele Biker sind heute auf den gängigen Tourenportalen im Web unterwegs und laden sich dort fertige Touren von anderen Usern herunter, um sie nachzufahren. Oder sie planen mit Hilfe der Online-Routenplaner-Tools von Grund auf eigene Touren. Bei beiden Varianten erhältst du am Ende eine Bewertung des Schwierigkeitsgrades in Form einer Farbcodierung. Wer im Winter Ski oder Snowboard fährt, kennt das so ähnlich von den Pisten her. Am Beispiel Komoot, dem beliebtesten Tourenportal, sehen die Schwierigkeitsgrade von Touren so aus.

Blau: Leichte Mountainbike Tour mit etwa 2 Stunden Fahrzeit und rund 300 Höhenmetern. In Puncto Fahrtechnik solltest du maximal Trails mit Schwierigkeitslevel S0 bis S1 erwarten (siehe DIMB Trailskala weiter unten im Artikel). Wenn du mit einem E-MTB unterwegs bist, erhöhen sich die Basisdaten auf 3 Stunden und 600 Höhenmeter.

Rot: Mittelschwere Tour mit bis zu 5 Stunden Fahrzeit und rund 900 Höhenmetern. Die Trails entsprechen im Schnitt der Schwierigkeit S2. E-Bike: 6 Stunden/1500 Höhenmeter.

Schwarz: Schwere Tour mit über 5 Stunden Fahrzeit und mehr als 900 Höhenmetern. Trail-Schwierigkeit: S3 bis S5. Außerdem sind Schiebepassagen einzukalkulieren. E-Bike: Mehr als 6 Stunden und 1500 Höhenmeter.

Mit Vorsicht genießen!

Unserer Erfahrung nach sind diese Klassifizierungen aber stets mit Bedacht zu interpretieren. Denn es handelt sich im Grunde um einen automatisch erzeugten Durchschnittswert, der einem lediglich eine Orientierung bieten kann. Zum Beispiel kann auch eine blaue Tour rote Passagen enthalten, die sich nicht vermeiden lassen. Und eine schwarze Tour wird wohl kaum ausschließlich auf Trails im Grad S3 bis S5 verlaufen. Die meisten Biker dürften bereits auf Trails mit S3-Bewertung an ihre fahrtechnischen Grenzen kommen. Geschweige denn bei S4 und S5. Bei Komoot erhält man ebenfalls eine Liste der auf der Tour vorkommenden Wegtypen sowie deren prozentualer Anteil an der Strecke (z. B. 30% Pfade, 60% Schotterwege, 10% Asphalt). Auch darauf sollte man sich nicht komplett verlassen. Dennoch bietet diese Angabe einen wertvollen Hinweis darauf, was einen unterwegs erwartet.

Unsere Tipps: Wichtig ist eine realistische Selbsteinschätzung: Jeder Biker und jede Bikerin sollte klar wissen, wozu sie konditionell und fahrtechnisch in der Lage sind. Und im Zweifel lieber defensiv handeln! Bei fertigen User-Touren kann es von Vorteil sein, wenn zusätzlich eine ausführliche textliche Beschreibung vorliegt, die eventuelle Schwierigkeiten detaillierter darstellt. Wer unsicher ist, sollte sich definitiv eingehender mit dem Tourenverlauf beschäftigen. Zum Beispiel anhand einer topografischen Landkarte.

Topokarten richtig lesen

Egal, ob du eine fertige Tour herunter lädst oder eine Tour komplett selbst planst: Ein Blick auf die Topokarte kann viel über die Schwierigkeiten verraten. Schau dir den Wegverlauf beispielsweise online auf der OpenCycleMap oder einer anderen topografischen Karte an. Entscheidend ist die so genannte Schummerung und die Höhenlinien. Ersteres erweckt mit Hilfe von Schattierungen einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft. Und die Höhenlinien zeigen exakt an, welcher Punkt auf welcher Höhe liegt. Je enger die Höhenlinien zusammenliegen, desto steiler ist das Gelände. Setzt man das in Relation zum Wegverlauf, kann ein geschultes Auge erkennen, wo steile oder ausgesetzte Stellen sind. Ein möglicherweise (zum Biken) zu steiler Anstieg verläuft beispielsweise quer zu den Höhenlinien.

In vielen OpenCycleMaps findet man inzwischen an manchen Wegen und Weg-Abschnitten die Schwierigkeit anhand des Wertes aus der DIMB Trail-Skala eingezeichnet. Diese sehr hilfreichen Informationen werden immer besser, je mehr User sich an der Pflege der OpenMaps beteiligen. Jeder Biker kann auf den Web-Portalen der Open-Map-Anbieter an der Aktualisierung der Karten mitarbeiten.

Trail-Klassifizierung mit Farben (Bikepark)

Eine solche Kennzeichnung der Schwierigkeit findet man hauptsächlich in Bike- und Trailparks. Auch hier wird mit den Farben blau, rot und schwarz gearbeitet. Manchmal sind sehr einfache Strecken auch grün gekennzeichent. Allerdings handelt sich im Park in der Regel nicht um Touren im herkömmlichen Sinn, sondern um geplante und angelegte Trails, beziehungsweise Trail-Sektionen. Deshalb kann man sich hier auf die Klassifizierung zu fast 100 Prozent verlassen! Wenn man sich im Verlauf des Trails ein (gebautes) Hindernis nicht zutraut, gibt es meist Umfahrungsmöglichkeiten. Hier die Trail-Klassen, beschrieben am Beispiel des populären Bikeparks in Saalbach-Hinterglemm.

Blau (leicht):

Du bist Einsteiger oder hast noch wenig Erfahrung im Gelände? Dann bist du auf den blauen Trails richtig. Auch Familien mit Kindern können hier ihre ersten Erfahrungen sammeln. In Puncto Fahrtechnik solltest du die Basics beherrschen: Gute Balance, im Stehen fahren, Gewichtsverlagerung und gefühlvolle Bremsmanöver. Zu erwarten sind einfache Hindernisse wie kleine Stufen oder Absätze.

Rot (mittelschwer):

Hier fühlen sich fortgeschrittene Biker wohl, die bereits mit höherem Tempo und technischen Schwierigkeiten vertraut sind. Dazu zählen Anlieger, loser Untergrund, Wurzelfelder, Steinblöcke, Spitzkehren, Absätze und Stufen. Auch größere Hindernisse wie Tables, Sprünge oder Holzstege sind teilweise eingebaut. Diese können aber in der Regel umfahren werden.

Schwarz (schwer):

Nur für Experten! Auf die schwarzen Trails darf sich nur wagen, wer fahrtechnisch in der Oberklasse fährt. Die Strecken sind gespickt mit Steilpassagen, Wurzelteppichen, engen Spitzkehren und hohen Sprüngen und Hindernissen, die nicht umfahren werden können. Außerdem können die Schwierigkeiten schnell aufeinander folgen. Deshalb ist hier sehr viel Trail-Erfahrung nötig.

Sprünge und Anlieger zeichnen einen gebauten Trail im Park aus.

Die Singletrail-Skala der DIMB

Die Deutsche Initiative Mountainbike e.V., kurz DIMB, hat in Zusammenarbeit zahlreichen Experten ein System entwickelt, anhand dessen sich Trails (= schmale Wanderwege und Pfade) einheitlich klassifizieren lassen. Die so genannte Singletrail-Skala (STS) hat sich inzwischen ziemlich breit etabliert und wird von sehr vielen Bikern anerkannt. Das geht soweit, dass – wie oben bereits erwähnt – die S-Grade sogar in den OpenCycleMaps zu finden sind. Noch amtlicher geht es kaum!

Im Gegensatz zu einer durchschnittlichen Bewertung einer kompletten Tour mit Hilfe von Farben, wird bei der STS Trail-Abschnitt für Trail-Abschnitt separat bewertet. Das System ist also sehr genau und du kannst beim (virtuellen) Abfahren einer Tour bereits sehen, wie viele leichte und schwere Abschnitte sie enthält. Auch die Länge der Segmente ist wichtig. Angenommen, du planst eine Tour, bei der eine kurze S4- oder S5-Passage unvermeidbar ist, dann kannst du dich auf diese (kurze) Schiebe- bzw. Tragepassage gut einstellen. Und so lauten die S-Grade der STS.

S0
Einfach zu fahrender Weg ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Der Untergrund ist fest und griffig. Hindernisse wie Wurzeln, Treppen oder ähnliches sind nicht zu erwarten. Steile Passagen ebensowenig. Die Angabe S0 findet man in der OpenCycleMap auch an normalen Wald- und Schotterwegen.

S1
Der Weg kann teilweise schmal und kurvig sein, ist aber insgesamt immer noch recht einfach zu fahren. Allenfalls kleine Hindernisse wie Wurzeln, Steine oder Wasserrinnen sind zu überrollen. Loser Untergrund kann vorkommen und es darf auch mal steiler werden. Man muss hin und wieder aus dem Sattel gehen und im Stehen über Hindernisse fahren (rollen).

S2
Im zweiten Schwierigkeitsgrad nimmt die Steilheit zu und die Kurven werden enger, bis hin zu (einfachen) Trail-Serpentinen. Der Untergrund ist in der Regel lose, man muss dosiert bremsen können. Stufen, gröbere Wurzelteppiche und flache Treppen gehören ebenfalls zum Repertoire. Generell ist eine fortgeschrittene Fahrtechnik nötig.

S3
S3-Trails sind für die meisten Biker bereits eine Herausforderung. Man muss sich darauf einstellen, des öfteren absteigen zu müssen, um grobe Hindernisse zu Fuß zu überwinden. Während gute Fahrtechniker hier noch im Sattel bleiben. Die Trails sind teilweise verblockt, es kann hohe Stufen und Absätze geben. Man muss sich ständig auf die beste Fahrlinie konzentrieren. Es kann richtig steil werden, so dass man weit hinter den Sattel zurück muss.

S4
Jetzt ist der Trail extrem verblockt und nur noch für Experten fahrbar. Das Versetzen von Vorder- und Hinterrad ist Voraussetzung, um die engen und steilen Serpentinen zu bezwingen. Der Untergrund ist durchgehend lose und rutschig. Absätze können so hoch sein, dass das Kettenblatt aufsetzt. Hinzu kommt, dass der Weg oft sehr ausgesetzt verlaufen kann. Selbst das Tragen des Bikes erfordert Trittsicherheit und Geschick.

S5
Der 5. Schwierigkeitsgrad kann im Prinzip mit „unfahrbar“ charakterisiert werden. Zumindest dürfte das für die allermeisten Biker zutreffen. Nur noch eine Handvoll Trial-Experten kann hier noch einzelne Passagen fahrend, besser gesagt springend, bewältigen. Es kann sogar leichte Kletterei dabei sein, wobei das Problem ist, sich gleichzeitig festzuhalten und das Bike zu tragen.

Zu berücksichtigen ist generell, dass die S-Grade in ihrer Grundform unter guten äußeren Bedingungen gelten. Das heißt, bei schlechtem Wetter, nassem Untergrund oder schneller Fahrweise können sich die Schwierigkeiten deutlich nach oben verschieben.

Fazit

Es ist fast unmöglich, eine Tour zu finden, die sich über viele Kilometer gleichmäßig in nur einem einzigen Schwierigkeitsgrad dahinzieht. Zwischendurch können auch in einer „blauen“ Tour „rote“ Passagen vorkommen. Oder eine kurze „schwarze“ Tragepassage. Entscheidend ist das Verhältnis der Abschnitte zueinander. Einsteigern sei empfohlen, eher defensiv zu planen, und mit jeder Tour Erfahrungen zu sammeln. Gut ist es, die STS-Skala im Hinterkopf zu haben und lernen einzuschätzen, was kann ich fahren und was (noch) nicht. Auf welchen Wegen fühle ich mich wohl und wo bin ich zu verkrampft. Schließlich soll der Fahrspaß im Vordergrund stehen.